Es ist noch nicht allzu lange her, da begeisterte ein bonbonbuntes und fabulöses Leinwandspektakel mit einem grillenhaften Piraten und einem unwiderstehlichen Traumpaar als Hauptdarstellern ein breites Millionenpublikum und sorgte somit für den Sommerhit des Jahres 2003. Und wie nicht anders zu erwarten, war der Nachfolger von Fluch der Karibik nur eine Frage der Zeit und ein dritter Teil selbstverständlich alles andere als ausgeschlossen. Letztendlich wurden beide Filme hintereinander abgedreht – „Pirates Of The Caribbean: Fluch der Karibik 2“ soll laut Vorstellungen der Produzenten in diesem Sommer natürlich seinen Vorgänger in allen Belangen überragen und für weitere Besucherrekorde und damit einen weiteren Riesenerfolg von Walt Disney Pictures sorgen.
Pirates Of The Caribbean 3 folgt im nächsten Sommer.
Nun ist diese Strategie keine neue und gehört in Hollywood mittlerweile zum Grundkonsens einer erfolgreichen Filmwirtschaft. Der Zuschauer allerdings muss in jüngster Zeit immer mal wieder feststellen, dass trotz Unsummen an Produktionskosten und schauspielerischem Kapital, das in die Sequel von erfolgreichen Filmen gesteckt wird, die Eigenständigkeit und Qualität, sprich der eigentliche Wert des Films, auf der Strecke bleibt.
The Ring-Regisseur Gore Verbinski gelingt nicht gänzlich der Anschluss zum Vorgänger, ein versprochenes „Mehr“ wird lediglich in den atemberaubenden Special Effects und einer Verstärkung der Superlativen von Gewürm, Ekel und düsteren Gestalten erkennbar. Schließlich erweist sich die Story als weniger überzeugend gegenüber dem Vorgänger und der Film gerät ganz offensichtlich in die Falle von unendlich wiederkehrenden Klischees und Stereotypen, Innovationen und die angekündigten Überraschungen bleiben jedoch weitestgehend aus.
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„Jack is back” – nachdem sich Captain Jack Sparrow (Johnny Depp) vor dem Freibeuter Davy Jones (Bill Nighy) auf einer Kannibaleninsel versteckt hält und seine Kapitänsmütze gegen prunkvolles Schamanen-Accessoire eingetauscht hat, ist William Turner (Orlando Bloom) verzweifelt auf der Suche nach Jack, um sein Leben und das seiner versprochenen Liebe Elisabeth Swann (Keira Knightley) zu retten. Jack besitzt etwas, was der englischen Regierung von eminenter Bedeutung ist und gleichsam William und Elisabeth vor dem Galgen bewahren könnte.
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Doch Jack Sparrow wäre nicht Jack Sparrow, wenn er diesen Anlass nicht zu seinem eigenen Vorteil ausnützen würde: William, der einen magischen Kompass einfordert, der der englischen Regierung als Wegweiser zu einem sagenhaften Schatz dienen soll, wird von Jack mit auf eine abenteuerliche Seereise quer durch die Karibik genötigt. Jack ist drauf und dran, seine Seele, die dem widerwärtigen Seelenknechter Davy Jones geschuldet ist und ihn nach dem Tod zur ewigen Knechtschaft auf Jones Schiff, der „Flying Dutchman“, binden würde, zu Lasten des gutgläubigen Williams zu retten.
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Die Falle schnappt zu. Als vorübergehendes Mitglied in der Mannschaft des „Flying Dutchman“ hat William eine unerwartete Begegnung mit seinem tot geglaubten Vater. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt: Jack auf der Suche nach hundert Seelen zum Tausche seiner eigenen, William in Gedanken an die bevorstehende Vollstreckung der Todesstrafe an seiner Geliebten und den Verräter Jack Sparrow im Hinterkopf, der für seine Lügen und Hinterhältigkeiten ein für alle mal büßen soll. In einer nächtlichen Fluchtaktion schwört sich William, seinen Vater aus den Scherenzangen des schrecklichen Bösewichts Davy Jones zu befreien. Doch er hat seine Rechnung ohne das mysteriöse Seeungeheuer „der Kraken“ gemacht...
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Kaum zu glauben, dass die oben genannten gesamten Handlungsstränge in den Rahmen eines Films der Machart „Hollywood-Blockbuster“ passen. Denn es wäre nicht verfehlt zu sagen, dass sich „Fluch der Karibik“ trotz familienfreundlicher Eignung als recht komplex und seine Handlungselemente als vielfältig ineinander verstrickt erweisen. Vor allem die Spannung und die Dramaturgie leiden unter dieser Überfrachtung von Elementen, die Akteure wirken zeitweise ungewöhnlich mehrdimensional und die Stringenz einer Handlungsentwicklung wird sichtlich vernachlässigt. Lediglich Johnny Depp in seiner Rolle als unbelehrbarer Schelm und Tausendsassa vermag dem Film so etwas wie eine Identität zu geben.
Sicherlich ist dieses Manko des Films insbesondere auf seine Position als verbindender Mittelteil einer Trilogie zurückzuführen, doch in aller erster Linie muss der Film für sich alleine stehen.
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Hierin liegt wohl das ganze Elend der Verfilmung eines Epos beziehungsweise einer in epischer Breite erzählten Geschichte. „Fluch der Karibik“ aber, und das gilt ausdrücklich festzuhalten, ist kein Epos und zeigt bisher längst nicht die enormen Qualitäten einer „Herr der Ringe“-Trilogie beispielsweise. Wenn man so will, ist die Jerry-Bruckheimer-Produktion eine künstliche Verlängerung eines erfolgreichen Blockbusters mit provozierendem Hintergrund – eine auf weiteren Profit und noch größeren Erfolg ausgelegte Angelegenheit, die konzeptionell nicht überzeugt. Die große Frage sollte dabei sein: Muss „Fluch der Karibik“ oder muss eine Sequel-Produktion generell in diesem Belang überzeugen? Der Zuschauer tut sich einen Gefallen, wenn er nicht zu viel erwartet und sich auf einen kurzweiligen und spaßigen Trip mit einigen flapsigen Scherzen und bunten Fantasiefiguren- und Welten einstellt. Vor allem aber sollte er gebannt darauf sein, wer und warum in welcher Weise das Schwert erhebt. Denn offensichtlich ist dies nicht immer.
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Das Staraufgebot brilliert wie schon im ersten Teil mit den altbekannten Namen: Johnny Depp, Orlando Bloom, Keira Knightley. Selbstverständlich keine Endabsichten von Preisauszeichnungen im Visier, wiegelt sich die Darstellerriege zu einem Maximum an Glanz und Strahlenkranz auf. Schauspielerische Ansprüche eines intensiven, konzentriert darstellerischen Auftrittes spielen in „Pirates Of The Caribbean: Fluch der Karibik 2“ natürlich nur eine Nebenrolle. Doch Schauspieler brauchen solche Filme, sie leben schließlich von ihnen und arbeiteten ihr ganzes Leben daraufhin, in solch einer „pompösen“ Produktion einmal eine Rolle zu spielen. Johnny Depp zeichnete sich schon immer durch seine expressive Leidenschaft aus, groteske Freaks, absonderliche Drogendealer und scheiternde Lebenskrüppel zu verkörpern - nur nicht immer in solch farbenfroher Pracht. Er gibt dem Film den gewollten Knalleffekt und einen beinahe bis zur Unerträglichkeit getriebenen Kitsch-Charakter. Sein Auftritt als Schamane wider Willen, der nicht recht weiß, wie er das doppelte Problem seiner Existenz lösen kann – einmal als Verfolgter eines erbarmungslosen Fieslings, einmal als versprochenes Festmahl eines Kannibalenstammes -, ist nahezu umschmeißend.
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Sein schwuler Habitus in „Fluch der Karibik“ reizt manchmal am Rande des Erträglichen, in der Fortsetzung hat man sich jedoch schnell daran gewöhnt. Denn der Männerwelt gerecht wird immer noch der edelmütige Orlando Bloom, der dem Film ein Hauch von Tiefe und höherer Intention gibt. Keira Knightley als Braut ohne Bräutigam hat augenscheinlich einen weniger erzückenden Part: Eingekerkert, in Verkleidung als Seemann und getrieben von Nöten des bevorstehenden Verlustes, bröckelt der Glanz der anmutigen Prinzessin aus dem ersten Teil der Trilogie zunehmend in der Entwicklung des zweiten. Ihre junge Schauspielkarriere hat noch keine eindeutige Richtung gefunden, ihr Auftritt in „Pirates Of The Caribbean: Fluch der Karibik 2“ hilft da auch nicht viel weiter, zeigt aber wenigstens, dass sie sich nicht festlegen lässt.
Bleibt noch ein einmalig fieses Meeresgezücht namens „Davy Jones“, gespielt vom Multitalent Bill Nighy. Seine Rolle ist die wohl kurioseste und augenfälligste, mitunter zieht er durch sein Handeln und Nicht-Handeln die vielen Fäden der parallelen Handlungsstränge. Genauer, Bill Nighy in der Puppe eines Riesenkrebs-Wurm-Gehzeugs legt sich getreu seiner Konstruktion für die Dramaturgie des Films mächtig ins Zeug, um den Verfolgten Jack Sparrow samt Crew, Elisabeth Swann und William Turner keine Pause zum Verschnaufen zu lassen.
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Am Ende steht die große Leere! Was hat uns dieser Film, rein storytechnisch und im Hinblick auf ein bombastisches Finale im dritten Teil der Piraten-Saga gebracht, außer die Einführung und Integrierung neuer Gefahren und Ungeheuer in das Leben unserer unverwüstlichen Fantasie-Helden um Captain Jack? Nun, am Ende steht die Wandlungsfähigkeit einiger Akteure, das Wiederkommen längst vergessener und die unendliche Schlacht zwischen Gut und Böse. Steigen und Fallen, Schiffbruch um Schiffbruch, rettendes Land und Vergeltung: Alle auf ein Ziel zusteuernd (Ja, auf welches denn?), erst kooperierend, dann rivalisierend bis zur nächsten Hürde? Nein! Im Grunde steht bei „Fluch der Karibik“ stets der Spaß und die Spannung im Vordergrund. Und wenn hier einer tatsächlich eine tragende Hauptrolle spielt, dann sind das wohl am ehesten die Special-Effects-Artists, Maskenbildner und Kameraleute, die die sehnsuchtsvollsten Landschaften eines Karibik-Touristen in unglaublichen Bildern einfangen und die Flucht vor der Wirklichkeit, hinein in fantastische und atemberaubende Fantasiewelten so einfach und bequem machen. Der Zuschauer sollte schweigen und genießen, vergessen und sich auf den dritten Teil freuen, der nächsten Sommer folgt.
Link-Tipp: Album „Rogue’s Gallery: Pirate Ballads, Sea Songs And Chanteys“
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